Félicitations
Feierabendkonzert im Oberhafen

Wir gratulieren Maurice Ravel zum 150. Geburtstag mit einem Programm, das Glückwünsche des Hamburgers CPE Bach nach Frankreich sendet.
Trotz ihres zeitlichen Abstands verbindet beide Komponisten eine Schlüsselrolle im musikalischen Wandel. Sie waren Erfinder, die mit Mut neue Wege gingen, aber die Traditionen ihrer Vorgänger genau kannten. Sie waren Brückenbauer zwischen musikalischen Welten.
Außerdem hören wir in diesem Konzert eine leuchtende Sonate des jungen Felix Mendelssohn Bartholdy, ebenfalls Hanseat, da in Hamburg geboren.
CPE Bach, Freie Fantasie für Klavier solo fis-moll Wq. 67
CPE Bach, Sonate c-moll für Violine und Klavier Wq. 78
Maurice Ravel, Kaddish
Felix Mendelssohn Bartholdy, Sonate f-moll für Violine und Klavier op. 4
In Kooperation mit dem Internationalen Bachfest Hamburg 2025.
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Michael Stürzinger, Violine
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Franck-Thomas Link, Klavier
Tickets: 18 € im Online-Vorverkauf, 23 € an der Abendkasse, Mitglieder: 9 €
Wir freuen uns, Ensemble in Residence in der Halle 424 zu sein.
Halle 424, Stockmeyerstraße 43, Tor 24, 20457 Hamburg
Carl Philipp Emanuel Bach,
Freye Fantasie fürs Clavier fis-moll H 300 (Wq 67), 1787
Sehr traurig und ganz langsam (Adagio)
Allegretto
Largo
Carl Philipp Emanuel Bach,
Sonate für Violine und Klavier Wq. 78 c-moll
Allegro moderato
Adagio ma non troppo
Presto
Felix Mendelssohn Bartholdy,
Sonate für Violine und Klavier op. 4 f-moll
Adagio - Allegro moderato
Poco adagio
Allegro agitato
Carl Philipp Emanuel Bachs Klavierfantasien sind von beispielloser Spontaneität und ziehen Spieler und Zuhörer mit magischer Kraft in die Geistes- und Seelenwelt des Komponisten hinein. Sie sind voll von wechselnden musikalischen Augenblicksbildern, Stimmungsgegensätzen und dramatischen Kontrasten. In seiner Fantasie fis-moll, die ein Jahr vor seinem Tode entstand, stellt Bach zunächst die drei musikalischen Hauptelemente (Adagio, Largo sowie kadenzartige Läufe und Arpeggien) vor und verwebt sie in freier Form miteinander. Den Begriff „Fantasie“ benutzt er mehr im Sinne von „Improvisation“ („quasi improvisando“), und liefert hier das Paradox einer völlig auskomponierten Improvisation. Die formalen Freiheiten, die er sich dabei nimmt, waren zu seiner Zeit radikal neu und finden sich zum Teil erst in der avantgardistischen Musik unserer Tage wieder. Beispielsweise werden in weiten Teilen der Kadenzen die Taktstriche einfach weggelassen, wodurch das feste Metrum, das zu den Grundbausteinen der europäischen Musik gehört, völlig verschwindet. CPE Bachs empfindsamer Stil öffnete das Tor zu einer neuen Epoche, der Klassik - man denke besonders an Beethovens Klaviermusik.
Franck-Thomas Link
Carl Philipp Emanuel Bach spielt in der Geschichte der Violinsonate eine entscheidende Schlüsselrolle. Bereits sein Vater, der große Johann Sebastian Bach, hatte mit seinen Sonaten für Violine und „obligates Cembalo“ begonnen, das begleitende Tasteninstrument zu etablieren. Er gedachte ihm nicht nur die begleitenden Harmonien zuzuschreiben, sondern fügte ihm eine auskomponierte, gleichberechtigte Klavierstimme zur Violine hinzu.
Diese Emanzipation des Klaviers ging so weit, dass einige Jahrzehnten später bei Mozart und Beethoven die Violine vom Klavier in eine Art Nebenrolle gedrängt wurde – sozusagen in die Rolle, „die zweite Geige zu spielen“. Mozart und Beethoven bezeichneten ihre Violinsonaten daher als Sonaten für Klavier und Violine. Beethovens Kreutzer-Sonate war sogar mit „Klaviersonate begleitet von einer Violine“ überschrieben. Natürlich wird dieser Bezeichnung den meisten Sonaten nicht gerecht. Nachdem also das Klavier von Vater und Sohn Bach emanzipiert worden war, musste schließlich die Violine selbst emanzipiert werden. Seit Johannes Brahms heißen die Werke in dieser Besetzung wieder „Sonaten für Violine und Klavier“.
C.P.E. Bachs c-moll-Sonate für Violine und obligates Cembalo (oder Klavier) Wq. 78 muss zur Zeit ihrer Uraufführung ein hochmodernes Werk gewesen sein! Der erste Satz wirkt wie ein großes Duett, das in einer Oper auch von zwei Singstimmen gesungen werden könnte. Der langsame Satz in der Mitte der drei Sätze könnte man ebenso bei den freien Fantasien einordnen, derer C.P.E. einige komponiert hat. Diese freien Fantasien waren, ähnlich wie die neue Form der Violinsonate, eine wichtige Inspirationsquelle für Mozart und Haydn. Der letzte Satz ist einerseits ein hochvirtuoser Barocksatz, fast schon typisch, und gleichzeitig gibt er bereits einen Ausblick auf die instrumentale Virtuosität, die später bei Beethoven zu finden sein wird. Auch die Tonart c-moll ist zu dieser Zeit, also kurz nach der Erfindung der wohltemperierten Stimmung, noch ungewöhnlich. Sogar Mozart hat nur sehr selten Sonaten und Instrumentalkonzerte in Moll geschrieben. Bei Beethoven hingegen steht die Tonart c-moll immer im Zusammenhang mit großem Drama und einer ausweglosen Schicksalshaftigkeit (wie in der 5. Symphonie, der „Pathétique“, der letzten Klaviersonate op. 111, dem 3. Klavierkonzert und vielen weiteren Werken).
Reclams Kammermusiklexikon schreibt über Felix Mendelssohn Bartholdys Sonate für Violine und Klavier op. 4, dass es sich bei ihr um ein Werk handle, dem man im Konzertsaal kaum begegne.
Dabei ist die Sonate eines der leuchtenden Beispiele für die jugendliche Genialität Mendelssohns. Sie entstand in seinem 16. Lebensjahr und zeigt zwei wesentliche Aspekte in Mendelssohns Schaffen: Zum einen seine Verbundenheit mit der großen Musik seiner Vorgänger zu hören, zum anderen weist die Sonate stilistisch weit in die Zukunft. So mutet der erste Satz an, als wären Mendelssohn die Themen eingefallen, während er gerade eine Haydn-Sonate übte. Die Idee jedoch, den Satz mit einem fantastischen Solo-Rezitativ der Geige beginnen zu lassen, wurde erst sehr viel später wieder aufgenommen, so z. B. in Smetanas Klaviertrio oder im langsamen Satz der Violinsonate von César Franck.
Oft wird Mendelssohns Violinsonate op. 4 als Jugendwerk abgetan. „Zu Unrecht!“, möchte man rufen, viel zu selten wird sie gespielt!
Franck-Thomas Link
kammerkunst.de/1256/