356. Lunchkonzert in der Handelskammer Hamburg
Lieder von Berg und Dvorak
Alban Bergs Vier Lieder op. 2 und Antonín Dvořáks Zigeunermelodien op. 55 ergeben einen reizvollen Liederstrauß, der selten zu hören ist.
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Jale Papila, Alt
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Franck-Thomas Link, Klavier
Der Eintritt ist frei.
Börsensaal der Handelskammer Hamburg, Adolphsplatz 1, U Bahn Rathaus
Alban Berg,
Vier Lieder für eine Singstimme mit Klavier op. 2
Nr. 1 Schlafen, schlafen, nichts als schlafen (Friedrich Hebbel, aus: "Dem Schmerz sein Recht")
Nr. 2 Schlafend trägt man mich in mein Heimatland (Alfred Mombert, aus: "Der Glühende")
Nr. 3 Nun ich der Riesen Stärksten überwand (Alfred Mombert, aus: "Der Glühende")
Nr. 4 Warm die Lüfte (Alfred Mombert, aus: "Der Glühende)
Antonin Dvorak,
„Zigeunermelodien“ op. 55, 7 Lieder auf Texte von Adolf Heyduk (1880)
Mein Lied ertönt
Ei wie mein Triangel
Rings ist der Wald so stumm und still
Als die alte Mutter
Rein gestimmt die Saiten!
In dem weiten luft’gen Leinenkleide
Horstet hoch der Habicht
Alban Bergs Lieder scheinen in ihrer gedrängten Kürze von der Idee der aphoristischen Musik beeinflusst zu sein, der Schönberg und Webern sich damals annäherten. Drei Lieder sind tonal konzipiert, das vierte bewegt sich in freier Atonalität. In den vier Liedern vollzieht sich die Auseinandersetzung mit dem revolutionären Phänomen der Quartenharmonik, welche den Komponisten folgerichtig aus der Tonalität hinaustreibt. Den ersten drei Liedern ist das Thema "Schlaf" gemeinsam. Auf Ausdruckskraft und musikalische Phantasie hin betrachtet steht das vierte Lied am höchsten. Momberts poetische Prosa findet in der frei flutenden, aus allen traditionellen Formenschemata gelösten Musik ihre volle Entsprechung. Die ausdrucksgeladene, dramatisch gesteigerte Diktion der Singstimme kündigt den "Wozzek"-Komponisten an. Im Klavierpart singt die Nachtigall, kalte, klare Diskantquinten malen den glitzernden Schnee. Das Bild des Mädchens, das vergeblich den Geliebten erwartet, wird zur Opernszene.
Jale Papila
Antonín Dvorák komponierte den Liederzyklus „Zigeunermelodien“ op. 55 im Jahre 1880 nach deutschen Texten von Adolf Heyduk für den berühmten Wiener Sänger Gustav Walter, der auch den „Liebeslieder-Walzer“ von Johannes Brahms uraufgeführt hatte.
Heyduks Texte bedienen das jahrhundertelang herrschende Klischee einer vermeintlich romantischen, naturverbundenen und freiheitsliebenden Lebensweise: entweder feurig verliebt, frisch vergnügt und obendrein mit Musik und Tanz, oder aber tiefmelancholisch. Der Dichter überträgt hier seinen bürgerlichen Wunsch nach Freiheit auf eine Ethnie, die für viele Projektionen herhalten musste und die als exotisches Faszinosum behandelt wurde.
Dvorák ging es in seinen „Zigeunermelodien“ nicht um eine Auseinandersetzung mit der Welt der Sinti und Roma als vielmehr um die tschechische Volksmusik. Die tschechisch folkloristischen Elemente überwiegen in diesem Liederzyklus eine Melodik „alla zingarese“ bei Weitem. Dvorák wollte einen kommerziell erfolgreichen Liedzyklus schreiben, tschechischsprachige Lieder erschienen nicht lukrativ genug. Deshalb vertonte er einen deutschen Text, der ihm hierfür geeignet schien. Er entfaltet in diesem Liederzyklus voller Stolz die Vielfalt und Farbenpracht der Musik seiner Heimat. Es ist nicht schwer zu verstehen, warum Dvorák später als „der“ tschechische Nationalkomponist betrachtet wurde.
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