Remigriert euch ins Knie! 💩

Hamburger Kammerkunstverein

Veranstaltungen mit Herz und Hirn.

305. Lunchkonzert in der Handelskammer Hamburg

Werke von Schumann und Debussy

Programmänderung



Der Eintritt ist frei.


Börsensaal der Handelskammer Hamburg, Adolphsplatz 1, U Bahn Rathaus


Tagesprogramm als PDF


Robert Schumann,
Sonate g-moll op. 22

So rasch wie möglich
Andantino
Scherzo, sehr rasch und markiert
Presto

Claude Debussy,
Six Images, Deuxième Livre

IV. Cloches à travers les feuilles. Lent.

V. Et la lune descend sur le temple quit fut. Lent.

VI. Poissons d'or. Animé.


Die Sonate op. 22 von Robert Schumann ist auf den ersten Blick außerordentlich klassisch gebaut: Ein schneller Kopfsatz, eine lyrischer langsamer Satz, der das Schumann-Lied „Im Herbst“ zitiert, ein Scherzo und ein virtuoses Finale. Man denkt beim ersten Blick in die Noten an eine große Beethoven- oder Schubertsonate. Beginnt man die Vortragsbezeichnungen zu lesen, stößt man allerdings schnell auf die eigentliche Bedeutung der Sonate. Im ersten Satz schreibt Schumann als Tempobezeichnung „So rasch wie möglich“, einige Seiten später gibt er an „schneller“ und über die Coda schreibt er „noch schneller“. Ähnlich verhält es sich im Finale.

Durch das vorgeschrieben Tempo entsteht in der Sonate eine Art Rausch, der angesichts der streng klassischen Form des Werkes die Vermutung erlaubt, dass Schumann mit diesen übersteigerten Tempi dem Korsett ebendieser klassischen Form entfliehen will.

Vielleicht aber sind die rasenden Tempi der g-Moll-Sonate auch einfach Ausdruck für Schumanns rasende Liebe zu Clara Wieck, seiner späteren Ehefrau. Sie sollte die Sonate natürlich spielen und hatte von daher auch das Recht, die Komposition zu kritisieren. Sie merkte an, dass das ursprüngliche Finale „viel zu schwer sei“, so dass Schumann einen vollständig neuen vierten Satz schrieb, den er selbst als „sehr simpel, aber innerlich gut zum ersten Satz passend“ bezeichnet hat. Gerade das neue Finale ist jedoch mit dafür verantwortlich, dass die Sonate zu großem Ruhm gelangte.

Franck-Thomas Link


Claude Debussy gilt als Hauptvertreter des musikalischen Impressionismus, obwohl er sich gegen diese aus der Malerei entlehnte Bezeichnung zeitlebens gewehrt hat. „Die Dummköpfe nennen es ‚Impressionismus“ – ein Begriff, der so schlecht angewandt ist wie nur irgend möglich!“, wird er zitiert. Debussy wollte mit seiner Musik Stimmungsbilder erschaffen, ein Kompositionsprinzip, das sich in den beiden Bänden der „Images“ besonders gut erfahren lässt. Von der Wirkung seiner „Images“ war der Komponist absolut überzeugt: „Ich glaube, dass diese Stücke […] ihren Platz in der Klavierliteratur einnehmen werden, […] zur Linken Schumanns und zur Rechten Chopins.“

IV. Cloches à travers les feuilles - Glockenklang durchdringt die Blätter

Der Musikkritiker und Schriftsteller Louis Laloy, der Debussy zu diesem und zu dem folgenden „Image“ anregte, teilt mit, dass altem ländlichen Brauch zufolge von Allerheiligen bis Allerseelen die Glocken geläutet wurden, deren Klang sich als zarter akustischer Schleier über die herbstliche Landschaft legte. Debussy vereint hier die Reize des Lichts und das Irisieren der Blätter mit dem Klang der Glocken zu verschiedenen perspektivischen Schichten, die Nähe und Ferne suggerieren, verdichtet zu einem musikalisch-konstruktivistischen Naturgemälde.

V. Et la lune descend sur le temple quit fut - Und der Mond senkt sich über den vergangenen Tempel

Ein antikes, orientalisch geprägtes Bild mit Momenten von Stille und quälend einsamer Entrückung. Dem „Canope“ aus dem zweiten Band der Préludes ähnlich, beschwört es nicht nur die Vision des Monduntergangs über einer Tempelruine, sondern erscheint wie ein fernes Traumbild, als Ahnung der Gegenwart vergangener Kulturen.

VI. Poissons d'or - Goldfische

Angeregt von einer japanischen Lackmalerei. Die musikalische Realität dieses Stückes geht weit über die eher beschaulichen Assoziationen, die der Titel weckt, hinaus und entwickelt sich mehr und mehr zu einer humoristischen Wassermusik, die sich bei aller Strenge ihrer „harmonischen Chemie“ (Debussy) einem ungemein heiter-turbulenten Finale, das den Hörer zu dem Sujet des ersten Images („Reflets dans l'eau“) zurückführt, nicht verschließt.


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