Remigriert euch ins Knie! 💩

Hamburger Kammerkunstverein

Veranstaltungen mit Herz und Hirn.

Lunchkonzert in der Laeiszhalle

Werke von Donizetti, Fauré und anderen

Susanne Barner, Flöte
Maria Goudimov, Harfe


Brahmsfoyer der Musikhalle Hamburg, Gastronomie ab 11.30 Uhr


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Werke von Donizetti, Fauré und anderen

Gaetano Donizetti (1797-1848), Sonate
Gabriel Fauré (1845-1924), Claire de lune
Gabriel Fauré (1845-1947), Morceau de concours
Jules Mouquet (1867-1946), Pan et les oiseaux
Christoph Willibald Gluck (1714-1787), Szenen aus „Orpheus und Eurydike“
Frederic Chopin (1810-1849), Variationen über ein Thema von Rossini
Jacques Ibert (1890-1962), Entr'acte


Bereits in der griechischen Mythologie werden den Instrumenten Flöte und Harfe magische Kräfte zugesprochen. Beide Instrumente gehören zu den ältesten Instrumenten der Geschichte, auch wenn sie sich über die Jahrhunderte stark entwickelt und verändert haben. Komponisten aller Epochen schrieben für Flöte und Harfe, denn die klanglichen Möglichkeiten dieser Instrumentalbesetzung sind faszinierend. Meisterwerke wie das Konzert für Flöte, Harfe und Orchester KV 299 von Wolfgang Amadeus Mozart oder die Sonate für Flöte, Viola und Harfe von Claude Debussy haben diese Besetzung so wichtig gemacht, dass zahlreiche feste Duos auf den Kammermusikpodien der ganzen Welt zu Hause sind. Neben Originalkompositionen bedienen sich Harfenisten auch im noch viel umfangreicheren Repertoires für Klavier. Das hat insbesondere für Kompositionen mit Flöte einen ganz besonderen Reiz, denn Flöte und Harfe sind sowohl in der Lage, klanglich völlig miteinaner zu verschmelzen, als auch sich stark kontrastierend gegenüber zu stehen. Im heutigen Konzert greifen die beiden Künstlerinnen weitgehend auf Repertoire zu, das ursprünglich für Klavier angelegt war.

Die Sonate von Gaetano Donizetti, der neben vielen großen Belcanto-Opern, einige kleinere Kammermusikkompositionen geschaffen hat, darunter Streichquartette, ein Klavier-Holzbläserquintett, ist ursprünglich für Flöte und Klavier komponiert. Wie auch andere italienische Opernkomponisten, wie z.B. Giaccomo Rossini oder Giovanni Paisiello, hat auch Donizetti seine Kammermusiken für die private Hausmusik verfasst, an denen oft der Meister selbst am Klavier saß und mit Freunden und Kollegen im privaten Kreis musizierte. Das erklärt, warum häufig die Partituren dieser Werke nicht ganz vollständig blieben, da eine Veröffentlichung oft gar nicht geplant war. Im Falle der heute gespielten Sonate fehlen sowohl Satzbezeichnungen der beiden in einander übergehenden Sätze, als auch eine Werkverzeichnisnummer.

Gabriel Fauré war neben seiner Organisten- und Kompositionstätigkeit Professor am Pariser Conservatoire, später auch dessen Direktor. Noch heute ist es an dieser renommierten Schule üblich, dass in Abschlussprüfungen („Concours“) alle Teilnehmer ein Pflichtstück vortragen müssen. Im Sinne der Chancengleichheit werden oft sehr unbekannte Werke oder neue Kompositionen als Prüfungsstück (= Morceau de Concours) ausgewählt. Es ist anzunehmen, dass Fauré dieses bezaubernde Werk im Zusammenhang mit einer Prüfung für die Flötenstudenten am Conservatoire komponierte.
Claire de lune ist gewissermaßen eine doppelte Bearbeitung, denn es handelt sich hier ursprünglich um eines der berühmtesten Lieder für Klavier und Gesang Faurés.

Jules Mouquet studierte am Pariser Conservatoire und lehrte ebendort ab 1913 als Professor für Harmonielehre. Wie Debussy und einige anderen Zeitgenossen, war Jules Mouquet sehr angezogen von Themen aus der griechischen Mythologie, möglicherweise als Reaktion auf auf Wagners glühende Arbeit an den altnordischen Legenden. Jules Mouquet ist heute hauptsächlich für sein Werk „La Flûte de Pan“ bekannt, das er ursprünglich für Flöte und Orcherter geschrieben hat. Das Werk bezieht sich inhaltlich auf den flötespielenden Hirtengott Pan der griechischen Mythologie, ein Mischwesen mit menschlichem Oberkörper und dem Unterkörper eines Ziegenbockes, der es liebte „panischen“ Schrecken zu verbreiten. Dieses viersätzige Werk bearbeitete Mouquet später für Flöte und Klavier und veröffentlichte es als Sonate für Flöte und Klavier op. 15. Im heutigen Konzert erklingt der 2. Satz dieser Sonate mit der Bezeichnung Pan et les oiseaux (= Pan und die Vögel).

Christoph Willibald Glucks Oper „Orfeo und Euridice“ stellt einen Meilenstein der Operngeschichte dar: Gemeinsam mit dem Librettisten Ranieri de’ Calzabigi begann Gluck, die italienische Oper stilistisch und kompositorisch zu reformieren. Er veränderte die Begleittechniken der Rezitative, die strenge Form der bis dahin üblichen Dacapo-Arien wurde freier, und Gluck stellte die Musik mehr in den formalen Dienst der Dramaturgie und des Textes. „Orfeo und Euridice“ wird als erste „Reformoper“ bezeichnet und es verwundert nicht, dass sich Komponist und Librettist für einen so mächtigen wie emotionalen Stoff wie die Orpheus-Sage, in dem es um die Kraft des Gesangs geht, entschieden haben. Um in den Hades eingelassen zu werden, muss Orpheo die Furien mit seinem Gesang umstimmen, die ihn zunächst abweisen und ihm den Weg zu seiner geliebten Euridice versperren wollen. Doch Orpheus besänftigt mit seinem Gesang die Furien und betritt das Elysium und die „Heiterkeit der seligen Geister“ umfängt ihn. In diese Situation ist die Balletmusik, der „Reigen der seligen Geister über den Wassern“, die heute in der Bearbeitung für Flöte und Klavier gespielt wird, angesiedelt.

Frédéric Chopin, eigentlich ein ausgesprochener Klavierkomponist, hat insgesamt nur 5 kammermusikalische Werke komponiert, darunter die berühmte Sonate für Violoncello und Klavier g-moll op. 65 und das Klaviertrio g-moll op. 8. Wesentlich unbekannter sind sein Grand Duo für Violoncello und Klavier und die heute gespielten Variationen für Flöte und Klavier über ein Thema von Gioachino Rossini. Das Thema stammt aus der Oper „La Cenerentola“ (Aschenputtel). Genauer ist es das Thema des erlösten Triumphgesangs Cenerentolas, bevor sie am Ende der Oper zur Prinzessin wird. Die vier Variationen, die Chopin über dieses fröhliche Thema schrieb, sind in ihrer Begleitung relativ einfach gehalten und steigern sich im Lauf des Werkes hauptsächlich in den Anforderungen an die Flöte. Mit Ausnahme der zweiten Variation, der Moll-Variation (Minore) wird auch das Tempo im Lauf des Werkes immer weiter gesteigert. Es handelt sich hier um ein für Chopin sehr untypisches Werk, das als faszinierendes Kabinettstückchen den Zuhörer in seinen Bann zu ziehen vermag.

Jacques Ibert studierte von 1910 bis 1914 am Pariser Conservatoire unter anderem bei Gabriel Fauré. Während des Studiums arbeitete er als Klavierimprovisator bei Stummfilmaufführungen. 1919 wurde er Träger des begehrten Prix de Rome. Vor und nach dem 2. Weltkrieg war er Direktor der französischen Akademie in Rom. 1955 fungierte er als Verwaltungsdirektor beider Pariser Opernhäuser. Bei „Entracte“ (französisch für die Pause bei Opern- und Konzertaufführungen) handelt es sich um ein kurzes, virtuoses Werk im spanischen Stil. So bewahrheitet sich auch hier der alte Scherz unter Musikern, nachdem die beste spanische Musik in Frankreich geschrieben wurde. Entr'acte ist im heutigen Programm die einzige Komposition, die ursprünglich für Flöte und Harfe konzipiert ist, obwohl sie sehr oft auch mit Gitarre begleitet wird.

Franck-Thomas Link


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