Delikate Kammerkunst
Der Hamburger Kammerkunstverein zu Gast im Restaurant Esskultur.
Beethoven und Brahms
Delikate Kammerkunst, Pressemeldung als PDF
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Sergey Novikov, Violoncello
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Franck-Thomas Link, Klavier
Trommelstraße 4, 20359 Hamburg
Ludwig van Beethoven,
Sonate für Violoncello und Klavier Nr. 3 A-Dur op. 69
Allegro ma non tanto
Scherzo: Allegro molto
Adagio cantabile
Allegro vivace
Johannes Brahms,
Sonate für Violoncello und Klavier Nr. 1 e-moll op. 38
Allegro non troppo
Allegretto quasi Menuetto
Allegro
Große Sonaten für Violoncello und Klavier waren zu Beethovens Zeit ein Novum. Zwar hatte sich die klassische Violinsonate bereits bei Mozart und Haydn etabliert, aber die anderen Streichinstrumente waren von dieser Entwicklung nahezu unberührt geblieben. Beethoven schrieb fünf Cellosonaten, die A-Dur Sonate steht an dritter, also zentraler Stelle. Obwohl Beethoven in dieser Gattung Neuland betrat, sind alle fünf Sonaten Meisterwerke. Die A-Dur Sonate entstand 1808, also in der Schaffensphase, in der Beethoven außerordentlich erfolgreich war und das Wiener Konzertleben absolut bestimmte. Der Sonate vorangegangen waren die 5. (Schicksalssymphonie) und die 6. (Pastorale) Symphonie, und nach ihr entstand sehr bald die Oper „Fidelio“. Beethoven war ein Star und ständig selbst auf der Bühne als Pianist oder Dirigent präsent. Die A-Dur Sonate war direkt für den Konzertsaal geschrieben und ist weniger ein Experiment wie die beiden frühen Sonaten, oder eine philosophische Aussage wie die beiden späten Sonaten, die entstanden, als Beethoven bereits im Zustand der Taubheit und Vereinsamung lebte.
Franck-Thomas Link
Die großen Cellosonaten von Beethoven, Schubert oder Brahms sind Ausdruck der Blütezeit des bürgerlichen Konzertlebens. Das unbekannte Selbst faszinierte den Bürger. Die Seele des genialen Künstlers trug heroische Menschwerdungskämpfe aus. Der dunkle Ton des Violoncellos verlieh kaum geahnten Empfindungen des Künstlers Ausdruck. Der Gesang des Cellos rührt „auf tiefer, unergründlicher Ebene an unser Gefühl“, sagte der Geiger und Dirigent Yehudi Menuhin. Und tatsächlich kommt der Klang des Violoncellos dem der menschlichen Stimme sehr nahe.
Die e-moll-Sonate für Violoncello und Klavier op. 38 von Johannes Brahms entstand in zwei Etappen. Sie ist die erste der beiden Sonaten, die Brahms für diese Gattung schrieb. Die ersten drei Sätze Allegro, Adagio und Allegretto entstanden 1862 in Bad Münster am Stein und in Hamburg-Hamm, das damals noch ein Dorf weit vor den Toren Hamburgs war. Das Finale komponierte Brahms erst drei Jahre später in Baden-Baden. Ursprünglich war die Sonate viersätzig, Brahms entfernte jedoch vor der Veröffentlichung das Adagio. Möglicherweise fürchtete er, die Sonate könnte zu lang werden. Leider vernichtete er diesen langsamen Satz wahrscheinlich, so wie viele seiner Kompositionen, die er nicht veröffentlichen wollte. Die Uraufführung des Werkes fand erst 1871 statt. Ein Grund hierfür könnte sein, dass Brahms‘ Name zum Entstehungszeitpunkt der Sonate noch keineswegs etabliert war. Seine großen Erfolge traten erst mit der Aufführung des Deutschen Requiems und der Ungarischen Tänze in den Jahren 1868 und 1869 ein.
Beethovens Cello-Sonaten gelten gemeinhin als Grundlage dieser Gattung, die sich, ausgehend von den brahms‘schen Kompositionen in der europäischen Romantik, bis zur Moderne umfangreich weiterentwickelte. Natürlich war sich Brahms seiner Rolle als Nachfolger Beethovens bewusst. Mit Sicherheit hat er Beethovens Cello-Sonaten gründlich studiert und sie, als ausgezeichneter Pianist, selbst aufgeführt. Brahms hatte ein differenziertes Verhältnis zur Tradition, weshalb es nicht verwundert, dass der erste Satz der e-moll-Sonate an Beethovens Cello-Sonate op. 69 erinnert, während sich im Finale Verbindungen zu Bachs Kunst der Fuge erkennen lassen.
Franck-Thomas Link
kammerkunst.de/661/