257. Lunchkonzert in der Handelskammer Hamburg
Lieder von Mozart, Schubert und Mahler
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Ulrich Bildstein, Bariton
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Franck-Thomas Link, Klavier
Handelskammer Hamburg, Adolphsplatz 1, U Bahn Rathaus
Lieder von Mozart, Schubert und Mahler
Das Veilchen
Wolfgang Amadeus Mozart, KV 476, 1785
Johann Wolfgang v. Goethe
Heidenröslein
Franz Schubert, op. 3 Nr. 3, 1815
Johann Wolfgang v. Goethe
Der Einsame
Franz Schubert, op. 41, 1825
Carl Lappe
Abendempfindung an Laura
Wolfgang Amadeus Mozart, KV 532, 1787
Joachim Heinrich Campe
Der Musensohn
Franz Schubert, op. 92 Nr. 1, 1822
Johann Wolfgang v. Goethe
An Schwager Kronos
Franz Schubert, op. 19 Nr. 1, 1816
Johann Wolfgang v. Goethe
Wer hat dies Liedlein erdacht?!
Gustav Mahler, aus: Zwölf Lieder, 1892-98
"Des Knaben Wunderhorn"
Sammlung von Clemens Brentano und Achim von Arnim
Lob des hohen Verstands
Gustav Mahler, aus: Zwölf Lieder, 1892-98
"Des Knaben Wunderhorn"
Sammlung von Clemens Brentano und Achim von Arnim
Der Rattenfänger
Hugo Wolf, aus: Goethe-Lieder, 1888/89
Johann Wolfgang v. Goethe
In Mozarts kleinem, feinen Lied "Das Veilchen" öffnet sich vor uns eine arkadische Landschaft, in der ein unschuldiges Veilchen verliebt einer jungen Schäferin entgegenschmachtet. Die junge Dame erweist sich leider als wenig feinfühlig, sie zertritt das Veilchen, ohne es überhaupt zu bemerken. Selbst seinen Tod nimmt das Veilchen noch ergeben in Kauf: "... und sterb ich denn, so sterb ich denn durch sie, zu ihrem Füßen doch". Es folgt ein liebevoll-verwunderter Kommentar durch den Erzähler: "Es war ein herzigs Veilchen."
Weniger rücksichtsvoll geht es in Schuberts "Heidenröslein" zu. Hier geht es von Anfang an um ein gewälttätiges Habenwollen. Ohne Mitgefühl kommentiert das Nachspiel: "Musst es eben leiden."
"Der Einsame" von Schubert stellt vordergründig das biedermeierliche Idyll eines wohlverdienten Feierabends dar. Die einfältige, beinahe penetrante Klavierbegleitung spricht jedoch eine andere Sprache. Die Ruhe scheint von Außen erzwungen, im Privaten liegt hier nicht Freiheit, sondern Einsamkeit.
Mozarts "Abendempfindung" dagegen ist wieder voll reinen Gefühls, Ausdruck dankbarer Lebensfreude angesichts eines abendlichen Sonnenuntergangs.
Schuberts "Musensohn" ist ein apollinischer Jüngling, ganz nach Goethes klassischem Maß: Schön, jung und frei. Hoch zu Ross ist er unterwegs, alle Musen stehen ihm zu Diensten, für Normalsterbliche hat er wenig Verständnis, er findet sie "stumpf" und "steif". Nur einmal, kurz vor Schluss, gibt es einen Moment, in dem er sich nach etwas Ruhe sehnt, der vom rastlos weitereilenden Klavier jedoch sofort wieder weggewischt wird.
Ein noch wilderer Reiter begegnet uns in "Schwager Kronos". Hier wirft einer mit aller Gewalt die eigene Lebenszeit zum Fenster hinaus, eben jenes Gut, das allgemein als das Kostbarste aller Güter gilt. Der Blick auf ein schönes Mädchen vermag ihn kurz abzulenken, dann geht seine rasante Höllenfahrt weiter. Der radikale Individualist setzt seinen Stolz über alle anderen Werte.
Auf einem Berg sitzt in Mahlers "Wer hat dies Liedlein erdacht?!" eine junge Dame, die so unerreichbar erscheint wie die junge Schäferin für das Veilchen. Sie wohnt in der Natur, kann Kranke gesund machen, singt geheimnisvolle Lieder aus fernen Ländern und das alles in übermütigem Dreivierteltakt, der einen Schwindeln machen kann.
Das "Lob des hohen Verstands" ist eine Meistersinger-Parodie: In einem tiefen Tal streiten der Kuckuk und die Nachtigall um die beste Weise. Schiedsrichter ist der Esel - natürlich, denn gerade die Dümmsten haben ja immer am meisten zu sagen, wenn es darum geht, Kunst zu beurteilen.
Dem "Rattenfänger" in Wolfs gleichnamigem Lied verleiht wie dem Musensohn die Musik Macht über Menschen. Nur scheint der Rattenfänger eher dem Reiter in "Schwager Kronos" als dem Musensohn verwandt, denn er hat einen ganz und gar dionysischen Charakter. Er nimmt sich, was er mag, und ehe man sichs versieht, ist er auch schon auf und davon.
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