232. Lunchkonzert in der Handelskammer Hamburg
Lieder von Gerald Finzi
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Ulrich Bildstein, Bariton
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Franck-Thomas Link, Klavier
Handelskammer Hamburg, Adolphsplatz 1, U Bahn Rathaus
Lieder von Finzi, Schubert und Head
Media vita in Morte sumus
Mitten wir im Leben sind Mit dem Tod umfangen
mittelalterliche Antiphon um 900 nach Chr., Notker Balbulus zugeschrieben
Let us Garlands bring op. 18 (1929 - 42)
Gerald Finzi (1901 - 1956)
Texte von William Shakespeare (1564 - 1616)
1. Come away, come away, death
2. Who is Silvia?
An Silvia op. 106 Nr. 4, D. 891 (1826)
Franz Schubert (1797 - 1828)
Text von William Shakespeare,
aus "Zwei Herren aus Verona", Akt IV, Szene 2
deutsch von Eduard von Bauernfeld (1802 - 1890)
Totengräbers Heimweh D. 842 (1825)
Franz Schubert
Text von Jakob von Craigher (1797 - 1855)
3. Fear no more the heat o' the sun
4. O mistress mine
Ständchen D. 889
Franz Schubert
Text von William Shakespeare,
aus "Cymbeline", Akt II, Szene 3
deutsch von August Wilhelm Schlegel (1767 - 1845)
5. It was a lover and his lass
Money, O! (1928)
Michael Head (1900 - 1976)
Text von William Henry Davies (1871 - 1940)
The Lord's Prayer (1956)
Michael Head
Die beiden Hauptkomponisten des heutigen Lunchkonzerts, Gerald Finzi und Franz Schubert, hatten Zeit ihres Lebens eine besonders enge Beziehung zum Tod. Finzis Vater, drei seiner Brüder und sein Lehrer, Ernest Farrar, starben, ehe Finzi 18 Jahre alt war. "Der Künstler ist wie eine Koralle, die sich ihr Riff aus der vergänglichen Welt baut, die sie umgibt, und eine feste Struktur erschafft, die ihr eigenes zerbrechliches und unsicheres Leben lange überdauert", schrieb Finzi über sich und sein Schaffen. Franz Schuberts stürmisches Leben, in dem finanzielle Sorgen, versagte Liebschaften und zuletzt die Syphilis im ungeheurem Kontrast zu einem gewaltigen Werk stehen, endete nach nur 31 Jahren.
In Finzis Zyklus "Let us garlands bring" begegnen Lieder, die sich mit dem Tod mit größter emotionaler Tiefe und Schönheit im Ausdruck auseinandersetzen, heiteren Liebesliedern. Dies rührt natürlich aus der Vorlage der shakespearschen Texte, zu dessen Hauptthemen die Vergänglichkeit des Lebens gehörte. Der lange Zeitraum, über den der Zyklus entstand (1929 - 42) und die beiden Themen, die er in sich vereint, haben uns veranlasst, in den Zyklus Lieder von Schubert einzufügen und ihn um die schubertsche Farbe zu erweitern. Schubert hat Zeit seines Lebens überhaupt nur drei Lieder nach Texten von Shakespeare geschrieben. Heute erklingen davon zwei, das dritte, ein Trinklied, sparen wir aus thematischen Gründen aus. Das Lied des Totengräbers hat zwar keinen Text von Shakespeare, passt aber vorzüglich in Shakespeares Welt. Man denke nur an die beiden berühmten Kollegen des Totengräbers aus dem Hamlet.
Vor dem Dialog der beiden Komponisten erklingt eine gregorianische Antiphon, die das Thema des heutigen Konzertes vorgibt. Der Benediktinermönch Notker soll sie um 900 n. Chr. in St. Gallen angesichts eines gewagten Brückenbaus verfasst haben. Interessant ist, dass der Text später im Mittelalter nicht mehr als frommes Gebet, sondern für Spott- und Drohlieder verwendet wurde, so dass sich die Kirche zeitweilig gezwungen sah, ihn zu verbieten. Das Konzert beschließen zwei Lieder von Michael Head. Im ersten wettert er in geradezu sozialistischem Furor gegen die hartherzigen Reichen. Konsequent zu Ende geführt ist der Gedanke, dass es falsch ist, sich an materiellen Besitz zu hängen, ja durchaus richtig, hat doch das letzte Hemd keine Taschen. Das zweite Lied ist eine choralartige Vertonung des Vaterunsers, die das Konzert beschließt.
Uraufgeführt wurde Finzis Liederzyklus übrigens am 12. Oktober 1942 in einem der renommierten Lunchkonzerte in der Nationalgallerie London zum 70. Geburtstag von Ralph Vaughan Williams, der die Reihe dort begründet hatte.
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kammerkunst.de/599/