Remigriert euch ins Knie! 💩

Hamburger Kammerkunstverein

Veranstaltungen mit Herz und Hirn.

Freundlich - Gangolf - Kogan

Drei Künstlerschicksale

Aus den Briefen von Otto Freundlich, Moissey Kogan und Paul Gangolf an Max Sauerlandt und Gustav Schiefler
Musikalische Lesung mit dem Ensemble des Hamburger Kammerkunstvereins
im Rahmen der Reihe:
Avantgarde in Hamburg (1911-1933)
Vorträge und Lesung aus Anlass der Ausstellung
Freundlich - Gangolf - Kogan. Drei Künstlerschicksale
im Ernst Barlach Haus (2. Mai - 5. September 2004)



Jenischpark, Hamburg


Ernst Barlach Haus


Freundlich - Gangolf - Kogan: eine literarische Spurensuche


Mit den Toten kann man nicht diskutieren. Was sich nicht bewegen läßt, ist ewig. Die Toten sind der archimedische Punkt. Nur mit den Totei kann man die Welt aus den Angeln heben, denn sie selber bewegen sich nicht. Zugleich ist die Hoffnung darin enthalten, daß die Grenze zwische: Lebenden und Toten porös wird. Wenn der Zweifel an der Veränderbarkeit der Welt wächst, verstärkt sich der Wunsch, mit den Toten Kontakt aufzunehmen.

Heiner Müller im Gespräch mit Fritz J. Raddatz, 1994


FREUNDLICH - GANGOLF - KOGAN

Drei Künstler, die ihrer Zeit voraus waren. Wege, die sich kreuzen. In Hamburg und Paris. Alle drei jüdischer Herkunft. Ihr Leben vernichtet im Dritten Reich. Getrieben von Erfolg, Mißerfolg, Unverständnis, Verzweiflung und finanziellen Miseren waren sie in ihrer Kunst kompromißlos. Sie waren Wanderer ihrer Zeit. Ihr Leben, ihr Werk ständig in Bewegung. Sie waren anarchisch, grenzenlos, heimatlos und - auf der Flucht. Obwohl als „Entartete Kunst“ deklariert, ist es ihrer Schaffenswut, passionierten Kunstfreunden und nicht zuletzt Max Sauerlandt, dem damaligen Direktor des Museums für Kunst und Gewerbe, zu verdanken, daß heute in einer erstmaligen Sammelausstellung Teile ihrer Werke im Ernst Barlach Haus zu sehen sind.

Otto Freundlich, geb. 1878 im pommerschen Stolp. Künstler und virtuoser Pianist. Ein Kämpfer für die Befreiung der Menschen und Dinge gegen alles sie Begrenzende. Ein Wegbereiter der abstrakten Kunst. Umgebracht im März 1943 im Konzentrationslager Lublin-Maidanek.

Paul Gangolf, geb. vermutlich im Sommer 1879 als Paul Loewy. Geburtsort unbekannt. Künstler und Humorist. Letzteres zeigt sich vor allem in seinen Gemälden und Radierungen. Einer, der das menschliche und urbane Gefüge in seinem Kern erfaßte. Ein fast Vergessener. 1939 erschossen beim Grenzübertritt von Frankreich nach Deutschland. Datum und Ort unbekannt.

Moissey Kogan, geb. am 26. Mai 1879 in Orhei, Bessarabien (heute Moldawien). Künstler und Frauenverehrer. Seine plastischen Arbeiten sind von archaischer Schönheit. En Miniature. Einzigartig seine Stickereien. Von verstörender Zerbrechlichkeit. Ermordet im Februar 1943 in Auschwitz.

Vieles an schriflichen Zeugnissen ihrer Existenz ist noch nicht transkribiert worden. Vieles verschollen oder nur mündlich überliefert. Doch auch Neues wird entdeckt. So die freundschaftliche Beziehung zwischen Paul Gangolf und Else Lasker Schüler. Eine Annäherung an drei Schicksale. Denn mit den Toten kann man nicht diskutieren.