Remigriert euch ins Knie! 💩

Hamburger Kammerkunstverein

Veranstaltungen mit Herz und Hirn.

Lunchkonzert in der Handelskammer Hamburg

Kammermusik für die Mittagspause

Michael Stürzinger und Franck-Thomas Link, 2017

CPE Bach gratuliert Maurice Ravel zum 150. Gebirtstag! Zwei virtuose Sonaten in c-moll laden ein, zwei sehr verschiedene musikalische Epochen zu erleben.

In Kooperation mit dem Internationalen Bachfest Hamburg 2025.



Der Eintritt ist frei, Spenden sind herzlich willkommen.


Börsensaal der Handelskammer Hamburg, Adolphsplatz 1, U Bahn Rathaus


Carl Philipp Emanuel Bach,
Sonate für Violine und Klavier Wq. 78 c-moll

Allegro moderato
Adagio ma non troppo
Presto

Maurice Ravel,
Sonate posthume für Violine und Klavier


Carl Philipp Emanuel Bach – der „Hamburger Bach“, wie die Hamburger ihn nennen, und der „Berliner Bach“, wie ihn die Berliner bezeichnen – spielt in der Geschichte der Violinsonate eine entscheidende Schlüsselrolle. Bereits sein Vater, der große Johann Sebastian Bach, hatte mit seinen Sonaten für Violine und „obligates Cembalo“ begonnen, das begleitende Tasteninstrument zu etablieren. Er gedachte ihm nicht nur die begleitenden Harmonien zuzuschreiben, sondern fügte ihm eine auskomponierte, gleichberechtigte Klavierstimme zur Violine hinzu.

Diese Emanzipation des Klaviers ging so weit, dass einige Jahrzehnten später bei Mozart und Beethoven die Violine vom Klavier in eine Art Nebenrolle gedrängt wurde – sozusagen in die Rolle, „die zweite Geige zu spielen“. Mozart und Beethoven bezeichneten ihre Violinsonaten daher als Sonaten für Klavier und Violine. Beethovens Kreutzer-Sonate war sogar mit „Klaviersonate begleitet von einer Violine“ überschrieben. Natürlich wird dieser Bezeichnung den meisten Sonaten nicht gerecht. Nachdem also das Klavier von Vater und Sohn Bach emanzipiert worden war, musste schließlich die Violine selbst emanzipiert werden. Seit Johannes Brahms heißen die Werke in dieser Besetzung wieder „Sonaten für Violine und Klavier“.

C.P.E. Bachs c-moll-Sonate für Violine und obligates Cembalo (oder Klavier) Wq. 78 muss zur Zeit ihrer Uraufführung ein hochmodernes Werk gewesen sein! Der erste Satz wirkt wie ein großes Duett, das in einer Oper auch von zwei Singstimmen gesungen werden könnte. Der langsame Satz in der Mitte der drei Sätze könnte man ebenso bei den freien Fantasien einordnen, derer C.P.E. einige komponiert hat. Diese freien Fantasien waren, ähnlich wie die neue Form der Violinsonate, eine wichtige Inspirationsquelle für Mozart und Haydn. Der letzte Satz ist einerseits ein hochvirtuoser Barocksatz, fast schon typisch, und gleichzeitig gibt er bereits einen Ausblick auf die instrumentale Virtuosität, die später bei Beethoven zu finden sein wird. Auch die Tonart c-moll ist zu dieser Zeit, also kurz nach der Erfindung der wohltemperierten Stimmung, noch ungewöhnlich. Sogar Mozart hat nur sehr selten Sonaten und Instrumentalkonzerte in Moll geschrieben. Bei Beethoven hingegen steht die Tonart c-moll immer im Zusammenhang mit großem Drama und einer ausweglosen Schicksalshaftigkeit (wie in der 5. Symphonie, der „Pathétique“, der letzten Klaviersonate op. 111, dem 3. Klavierkonzert und vielen weiteren Werken).


Maurice Ravel hielt es nicht für nötig, diesen ersten Versuch einer Sonate für Klavier und Violine in das Verzeichnis seiner Werke aufzunehmen. Der Einzelsatz wurde im April 1897 vollendet und vermutlich im akademischen Jahr 1897/98 während Gabriel Faurés Kompositionsunterricht am Konservatorium aufgeführt – von Georges Enescu auf der Violine, begleitet vom Komponisten selbst am Klavier. Das Werk blieb in Ravels Archiv erhalten und wurde erst 1975, anlässlich seines 100. Geburtstags, unter dem etwas irreführenden Titel Sonate posthume veröffentlicht.

Die Sonate von 1897 ist jedoch keineswegs ein moderner Nachklang aus Ravels späterer Schaffenszeit. Vielmehr zeigt sie den starken Einfluss der führenden Komponisten der französischen Kammermusik auf den jungen Musiker in seiner Ausbildungszeit. Wahrscheinlich hat Ravel die Partitur später nicht veröffentlicht, weil sie seiner Vorstellung eines modernen, unabhängigen Schaffens nicht entsprach. Das Werk, das von den Sonaten Cèsar Francks und Gabriel Faurés inspiriert ist, passte nicht zu dem Bild, das er von sich für die Nachwelt schaffen wollte.


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