Remigriert euch ins Knie! 💩

Hamburger Kammerkunstverein

Veranstaltungen mit Herz und Hirn.

413. Lunchkonzert

Werke von JS Bach und WA Mozart

Die Reihe „Lunchkonzerte in der Handelskammer Hamburg“ ist eine Kooperation von Handelskammer Hamburg und Hamburger Kammerkunstverein. Wegen Bauarbeiten in der Handelskammer wandern die Lunchkonzerte im Jahr 2024 an verschiedene Orte der Stadt. Im Januar laden wir ein nach Harvestehude / Grindel in die St. Andreas-Kirche.

Ev.-Luth. Kirchengemeinde
St. Andreas Bogenstraße
Bogenstraße 26-30
20144 Hamburg

HVV:
– von Richtung Dammtor oder Hoheluft Bus Linie 5,
Haltestelle Bezirksamt Eimsbüttel
– U-Bahn Schlump, weiter zu Fuß oder Bus 15 Richtung Alsterchaussee,
Ausstieg Bezirksamt Eimsbüttel

st-andreas.hamburg



Der Eintritt ist frei. Wir freuen uns über Spenden.


Kirche St. Andreas, Bogenstraße 26-30, 20144 Hamburg


Johann Sebastian Bach,
Präludium und Fuge es-moll WTK I BWV 853

Wolfgang Amadeus Mozart,
Sonate F-Dur KV 332 (300k)

Allegro
Adagio
Allegro assai


Das Wohltemperierte Klavier (WTK) von Johann Sebastian Bach ist eine Sammlung von Präludien und Fugen. Erst zu Bachs Zeiten wurde die „wohltemperierte Stimmung“ erfunden. Das bedeutete, dass alle Halbtöne gleich weit von einander entfernt waren und dass man dadurch nun endlich in allen 24 Tonarten komponieren und musizieren konnte. Damit wurde ein neues Zeitalter in der Musik eingeläutet. Bach war darüber so froh, dass er nicht nur einen Band mit Präludien und Fugen in allen 24 Tonarten schrieb, sondern gleich zwei. Das WTK wird immer wieder als das „alte Testament“ der Pianisten bezeichnet. Kaum eine Hochschulprüfung oder ein Wettbewerb hat nicht mindestens ein Präludium und Fuge daraus im Pflichtprogramm.

Das Wort Präludium bedeutet „Vorspiel“, so wie man es aus Chorälen kennt: Bevor die Gemeinde anhebt zu singen, spielt die Orgel ein solches Vorspiel, das alle Beteiligten auf die folgende Musik einstimmen soll. In der Regel sind Präludien in ihrer formalen Gestalt viel freier als Fugen.

Die Fuge gehört als Form zu den Königsdisziplinen für Komponisten und Improvisateure. Sie ist vielleicht die dichteste und strengste Form unter den Kompositionstechniken. Der bekannteste Spezialfall der Fuge ist der Kanon, den wir auch aus Volksliedern kennen. Hier spielen zwei oder mehrere Stimmen zwar das Selbe, allerdings zeitversetzt. Eine Fuge wird von zwei oder mehreren gleichberechtigten Stimmen musiziert. Zunächst wird das Thema vorgestellt und wandert einmal durch alle vorhandenen Stimmen. Wenn dieser Vorgang abgeschlossen ist, ist auch die sogenannte „Exposition“ vollständig. Hier wird allerdings nicht nur das Thema vorgestellt, sondern auch die begleitenden Gegenstimmen. Eine solche Gegenstimme nennt man Kontrapunkt. Nach der Exposition geht die Reise los, Thema und Kontrapunkte werden variiert, z. B. gespiegelt, in ihren Notenwerten beschleunigt oder verlangsamt, rückwärts angeordnet etc. Dadurch bekommt das eigentliche Thema immer wieder ein neues Gesicht und einen anderen Ausdruck, während es stets in allen Stimmen immer wieder auftaucht. Das Wort „Fuga“ bedeutet „Flucht“. Gerade so, als wäre das Thema auf der Flucht vor den verschiedenen Kontrapunkten. Auch wenn es natürlich auch sehr viele langsame Fugen gibt, wie z. B. auch die es-moll Fuge aus dem ersten Band, die heute zu hören ist, trägt „Flucht“ ja auch immer den Aspekt Zeit und Eile in sich. Das Thema steht bzw. flieht im ständigen Wandel seiner Variationen und ist nahezu ungreifbar. Gleichzeitig wird das Thema durch seine immer neue Gestalt auch von allen Seiten beleuchtet. So ist die Fuge in sehr vielen Fällen eine Mischung aus: das Thema geschickt tarnen und verstecken – und – das Thema so gründlich zeigen und beschreiben wie es kaum eine andere Kompositionstechnik vermag.

Im Präludium und Fuge Nr. 8 des ersten Bandes des WTK begegnen wir einem Präludium, das wie ein trauriges Lied oder Rezitativ mit großem Ausdruck gesungen wird und dabei von kargen Akkorden begleitet wird. Die Fuge ist dreistimmig und übernimmt den nachdenklichen Charakter, der durch das Präludium bereits etabliert ist.

Eine Besonderheit liegt darin, dass Bach das Präludium in es-moll (also mit 6 b) darstellt und die Fuge in dis-moll (also mit 5 #). Mit der „neuen“ wohltemperierten Stimmung sind es und dis natürlich der selbe Ton, allerdings löst diese unterschiedliche Schreibweise eine andere Klangvorstellung im Interpreten aus, d. h. es ist durch die absolute „Demokratisierung“ aller 12 Töne eben nur fast eine Gleichheit entstanden. Wenn eine Interpretin etwas in Kreuzen (#) liest, ist ihre innere Vorstellung heller, härter und brillanter als wenn sie die selbe Musik in Bs liest.

Franck-Thomas Link


Wie die A-Dur Sonate mit dem türkischen Marsch stammt auch die F-Dur-Sonate aus dem Jahr 1783 und wurde wahrscheinlich in Wien oder Salzburg komponiert. Die Premiere der Oper „Die Entführung aus dem Serail“ war vom Wiener Publikum mit Begeisterung aufgenommen worden und hatte Mozart zum Star in der kulturellen Weltmetropole gemacht. So erklärt sich, dass Mozart neben seiner Arbeit an Oper, Symphonie und Kammermusik sehr viele hochvirtuose Werke für Soloklavier schrieb, die er selbst an den Höfen und in Konzerthäusern spielte. Durch den Erfolg seiner Musik und die Liebe zu Constanze fühlte sich Mozart ausgeglichen und auf seinem künstlerischen Höhepunkt. Die F-Dur Sonate ist ganz besonders deutlich von dieser Ausgeglichenheit in Form und Inhalt gekennzeichnet. Während der erste Satz sich fast schon symphonisch gestaltet und gelegentlich mehr an ein Orchester denken lässt, ist der letzte Satz ein brillantes Klavierstück, das virtuose Anforderungen an den Spieler stellt, die es zu Mozarts Zeit nur selten gab. Hört man diese Sonate auf einem historischen Instrument, bekommt man einen Eindruck davon, wie sehr Mozart an die technischen Grenzen der Instrumente seiner Zeit ging. Der erste und der dritte Satz sind Sonatenhauptsätze in klassischer Form, mit jeweils zwei stark kontrastierten Themengruppen, die in einer wiederholten Exposition vorgestellt und danach miteinander verflochten, also durchgeführt werden. Der zweite Satz Adagio steht zwischen den beiden großen Ecksätzen wie ein Lied ohne Worte. Im Autograph war er nur 20 Takte lang und sollte wiederholt werden. Zu Mozarts Zeit waren Musiker gewohnt zu improvisieren, die Verzierungstraditionen des Barock waren den Spielern so geläufig. Es verstand sich von selbst, bei der Wiederholung eines langsamen Satzes Verzierungen, zwar im Stile, aber nach eigenem Gusto zu spielen. Erst bei Drucklegung legte Mozart fest, wie die Wiederholung genau zu verzieren sei.

Franck-Thomas Link


Mehr zur Reihe Lunchkonzerte in der Handelskammer Hamburg.