Remigriert euch ins Knie! 💩

Hamburger Kammerkunstverein

Veranstaltungen mit Herz und Hirn.

330. Lunchkonzert in der Handelskammer Hamburg

Werke von Mozart und Chopin


Der Eintritt ist frei.


Börsensaal der Handelskammer Hamburg, Adolphsplatz 1, U Bahn Rathaus


Tagesprogramm als PDF


Wolfgang Amadeus Mozart,
Klaviersonate Es-Dur KV 282

Adagio
Menuetti I, II
Allegro

Frédéric Chopin,
Grande Valse brillante As-Dur Op. 42, Vivace

Frédéric Chopin,
Walzer Nr. 2 a-Moll Op. 34, Lento

Frédéric Chopin,
Etude Op. 25 Nr. 7 cis-Moll, Lento

Frédéric Chopin,
Impromptu Op. 36 Fis-Dur, Allegretto


Wolfgang Amadeus Mozarts Klaviersonate Es-Dur KV 282 ist ein Teil von sechs virtuosen Klaviersonaten, die Mozart in Salzburg und München von 1774 bis 1778 komponierte. Anders als in den anderen fünf Sonaten ist die Reihenfolge der Satze umgekehrt, sodass die Sonate ungewöhnlicherweise mit einem romantisch anmutenden Satz beginnt. Dieser Satz ist in einer Art kondensierter Sonaten-Hauptsatzform angelegt. Der mittlere Satz besteht aus einem Paar eleganter Menuette, das Beethoven vielleicht als dritten Satz in einer viersätzigen Sonate gebraucht hatte. Ein schnelles Allegro bildet den Schluss des Werkes, dessen expressiver Duktus dem Stil der Empfindsamkeit verpflichtet ist, der die mittlere Periode der Klassik kennzeichnet.

Nicholas Ashton


Es ist ein häufig zitiertes Klischee, dass die Musik, in denen sich Chopin auf Tanzformen bezieht, eigentlich nicht zum Tanzen gedacht sei. Daran ist sicher richtig, dass die Rhythmen der traditionellen Tänze Mazurka, Krakowiak und Polonaise, sowie auch des eleganten Wiener Walzers, derer Chopin sich bediente, sehr stark von Chopins ganz persönlichen Stil geprägt sind und auch, dass sie harmonisch, strukturell und in ihrem vielschichtigen Ausdruck den musikalischen Inhalt eines Tanzsaales bei weitem übersteigen.

Allerdings muss man sich auch verdeutlichen, dass vier von fünf Walzern, die Chopin im Laufe der Jahre 1834 bis1840 komponierte und mit Bezeichnungen wie „Grande Valse“ oder „Valse brillante“ überschrieb, sicherlich in einen Ballsaal passen und dass von ihnen Orchesterfassungen erstellt wurden, die tatsächlich als Tanzmusik genutzt wurden. Bezeichnend ist auch, dass das Ballett „Les Sylphides“ musikalisch aus Klaviermusik von Chopin besteht, die Alexander Glasunow dafür orchestrierte.

Der As-Dur Walzer Op. 42 beschwört einerseits das funkelnde Spektakel eines Ballsaals herauf und ist andererseits Zeugnis von Chopins harmonischem Reichtum, den man eher mit seinen späteren, reiferen Werken in Verbindung bringen würde. Er wird zunächst majestätisch durch einen großen Triller und eine akkordische Überleitung angekündigt, die in eine äußerst trällernd-sangliche Walzermelodie mündet. Chopin benutzt hier zunächst 2:3 Polyrhythmen, dann hochvirtuos arpeggierte Figurationen. Diesem Vorgang folgt eine Episode, die den punktierten Mazurkarhythmus belebt, bevor dann der Mittelteil die Fröhlichkeit des bislang Gehörten in tiefe Melancholie umdeutet. Nach einer Reprise wird der Walzer von einer überaus bravourösen Coda zu Ende geführt.

Nicholas Ashton


Um die Chopin-Walzer besser einordnen zu können, lohnt sich eine kurze musikgeschichtliche Rekapitulation:

Der a-moll-Walzer Op. 34 ist der dritte von 14 veröffentlichen Walzern, von denen zu Chopins Lebzeiten 8 gedruckt wurden. Weitere 6 wurden nach seinem Tod veröffentlicht. Dann gibt es noch 4 Walzer, die nach und nach das Klavier-Repertoire erobert haben. Tatsächlich gibt es sogar zwei Chopin-Walzer, die noch nicht veröffentlicht sind. Abgesehen davon weiß die Musikwissenschaft auch von 14 verschollenen Walzern aus Chopins Feder.

Der a-moll-Walzer ist in einer Sammlung mit „Grande Valse Billante“ überschrieben. Weiter entfernt könnte diese Musik nicht von diesem Titel sein, denn dieser Walzer betritt eine Welt von außerordentlicher Einsamkeit und Verzweiflung.

Die linke Hand übernimmt zu Beginn die Melodie, begleitet von bezwingenden Akkordfolgen, die den Rhythmus des Walzers zu sprengen suchen, indem sie immer die Eins, den schweren Taktteil des Walzers, auslassen. Diese schier hypnotische Begleitung bringt den ursprünglichen Walzerrhythmus in einen eigentümlichen Schwebezustand. Der Walzer kommt daher wie ein Gespenst im Walzergewand.

Der düstere Anfang des Walzers gibt dann die Bühne frei für einen Mittelteil, der mit Verzierungen und durch geschickte Modulationen in der tröstlichen Tonart C-Dur landet. Aber dieses Glück währt nicht lang: Die Melodie trübt sich zurück ins düstere Moll. Verschiedene bereits gehörte Abschnitte lässt Chopin uns noch einmal hören, bis er zurückkehrt zum ursprünglichen Ausgangspunkt des verzweifelten Walzers mit der Melodie in der linken Hand. Schließlich erleuchtet Chopin die Situation mit einer Art trostversprechendem Sonnenstrahl in E-Dur, der sich aber in den anschließenden Schlusstakten in völlige Verzweiflung auflöst.

Nicholas Ashton


Die siebte Etude aus Chopins Etudenzyklus Op. 25 ist ein Meisterwerk, was Form, harmonische Kühnheit und harmonische Gewandtheit betrifft. Sie ist eine der beiden langsamen Etuden aus den beiden Etuden-Sammlungen, die Chopin hinterlassen hat. Der Gegenstand, der in dieser beiden Etuden (Etude= frz. Übung) geübt wird, ist ganz anders als der ihrer Schwesterwerke. In dieser Studie geht es um Stimmführung und Klang insbesondere für die linke Hand, deren Melodie im Sopran kontrapunktiert begleitet und immer wieder zitiert wird. Dieses auskomponierte Duett umrahmt einen Mittelteil, also einen dramatischen Ausbruch von Leidenschaft, der von einer ausladenden Kadenz im Bass bestimmt ist.

Eine rezitativartige Eröffnung führt uns in eine reich harmonisierte Welt, die uns eher an die Welt der Oper als an die der Klaviermusik denken lässt. Man landet direkt bei Chopins Antwort auf Bellini und Donizetti. Chopin war ein leidenschaftlicher Operngänger und dachte bis an das Ende seines Lebensdaran, selbst eine Oper zu komponieren.

Dieses Werk wird als Etude bezeichnet, doch es gehört zu Chopins reifsten Kompositionen.

Nicholas Ashton


Chopins Fis-Dur Impromptu Op. 36 steht an zweiter Stelle in einer Sammlung von vier Impromtus. Das bekannteste unter ihnen ist wahrscheinlich das Fantaisie-Impromptu Op. 66 in cis-moll, das Chopin selbst allerdings nicht besonders mochte. Chopin komponierte das Impromptu Op. 36 im Jahr 1839, in einer Zeit, in der er sich wohl auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft befand. Er hatte kurz zuvor die Préludes op. 28 und die zweite Sonate Op. 35 vollendet, und er lebte in diesen Jahren sehr eng mit Georges Sand in Paris zusammen, mit der er bis 1846 auch äußerst produktive Sommer in ihrem Sommerhaus in Nohant verbrachte. Biographisch nicht außer Acht zu lassen ist jedoch auch Chopins Tuberkulose, mit der er die längste Zeit seines Lebens zu kämpfen hatte.

Es mag ein wenig banal wirken, dieses prächtige, sonnige und für Chopin optimistische Werk mit der glücklichen Lebensphase, in der sich Chopin im Entstehungsjahr des Impromptus befand, in Verbindung zu bringen. Allerdings ist dieses Werk auch ein seltenes Beispiel für Chopin kompositorische Höchstleistungen in diesen Jahren. Hier erreichte er seine meisterhafte Geschicklichkeit im Umgang mit völlig frei strukturierten Sequenzen von musikalischen Episoden - voll von Wärme und Romantik, weit entfernt von der Düsternis, die wir aus seinen anderen reifen Werken kennen.

Auch wenn Chopin als Komponist sehr penibel und perfektionistisch war, verdeutlicht er in diesem Impromptu den engen Zusammenhang zwischen komponierten Impromptus und freier Improvisation. Wie der Name schon andeutet leitet sich das Wesen der Gattung Impromptu aus der Improvisation ab. Natürlich ist in diesem Werk alles auf das genaueste auskomponiert, aber man kann darin auch die unzähligen Stunden des freien Improvisierens, die der Komposition vorausgegangen sein müssen, deutlich spüren. Interessant sind auch Georges Sands Erinnerungen an ganze Abende in Nohant, an denen Chopin am Klavier saß und „extemporierte“ (= improvisierte). Dort habe man Chopin auf seinem höchsten Niveau hören können, „ ... viele seiner besten Kompositionen sind tatsächlich nie aufgeschrieben worden,“ so Sand.

Das Werk beginnt mit einer Basslinie, die an ein Nocturne erinnert. Über diese Linie spannt Chopin eine sehr anmutige Melodie, die uns zu einem majestätischen Mittelteil in D-Dur führt (all marzia). Der herrliche Schlussteil des Werkes setzt sich aus einer reichhaltigen Melodie im Tenor und brillanten Kaskaden von Arpeggien in der rechten Hand zusammen.

Nicholas Ashton


Mehr zur Reihe Lunchkonzerte in der Handelskammer Hamburg.