Remigriert euch ins Knie! 💩

Hamburger Kammerkunstverein

Veranstaltungen mit Herz und Hirn.

2. Baustellenkonzert

Zum Bau des neuen "Haus im Haus" in der ehrwürdigen Handelskammer Hamburg stellen wir in einem zweiten Konzert auf der Baustelle unter dem Motto "Brückenschlag" Klaviertrios von Robert Schumann und Wolfgang Rihm gegenüber. Dieses Konzert wird ermöglicht durch die Unterstützung der Hamburgischen Kulturstiftung.



Handelskammer Hamburg, Adolphsplatz 1


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Robert Schumann,
Trio Nr. 1 für Klavier, Violine und Violoncello d-moll op. 63 (1847)

Mit Energie und Leidenschaft
Lebhaft, doch nicht zu rasch
Langsam, mit inniger Empfindung
Mit Feuer

Wolfgang Rihm,
Fremde Szene III für Klaviertrio (1983/84) in einem Satz


Noch zur Entstehungszeit (Juni bis 7. September 1847) in Dresden bezeichnete Schumann dieses Werk als sein 2. Klaviertrio, nach den 1842 komponierten "Fantasiestücken" op. 88. Später gab es Überlegungen, beide Werke zu einem zu verschmelzen (Clara am 13. Juni 1847 im Tagebuch: "Robert schreibt an einem Klaviertrio, das ein Opus mit dem ersten werden soll"). Das Programmatische seines op. 88 mag ihn schließlich dazu bewogen haben, es doch aus der Gattung Klaviertrio auszuklammern. Die Uraufführung fand in einer privaten Soirée statt, bei der wieder einmal Clara mitspielte.

Leidenschaftlich drängt im 1. Satz das 1. Thema empor, begleitet von triolischen Akkordbrechungen im Klavier. Heftige Doppelgriffe in der Violine, dann punktierte Akkordschläge im Klavier leiten über zum gesanglichen 2. Thema mit seinen Vorhalten. Danach führt wieder das 1. Thema zur Durchführung, in der Teile aus beiden Themen verarbeitet werden, bis schließlich eine Überleitung zu einem völlig neuen Gedanken erfolgt. Eigenartig, fast wie aus einer anderen Welt, klingen die am Steg gespielten Töne, zusammen mit den zarten Akkordwiederholungen im Klavier. Synkopierte Tritonusfolgen in der Violine, Quintsprünge, Anklänge an das 1. und 2. möchte Thema leiten schließlich über zur Reprise mit durchführungsartiger Coda.

Obwohl von Schumann nicht so bezeichnet, folgt an zweiter Stelle ein Scherzo mit Trio. Unruhe und Spannung herrschen in dem lebhaften punktierten Galopp-Thema, mit den Klavier und Streicher einander ständig nachjagen. Einen Kontrast dazu bildet das gesangliche, kanonisch angelegte Trio, dessen in kleinen, oft chromatischen Tonschritten geführte Tonleiter-bewegungen zwar aus dem Thema des Scherzo-Teils abgeleitet sind, hier aber in anderem, weicherem, quasi "poetisierendem" Licht erscheinen. Nicht leicht umzusetzen ist dabei die durchweg einstimmige oder oktavierte Parallelität der Streicher.

Der langsame Satz ist ein versteckter Variationensatz, dem das Formschema A B A' zugrunde liegt. Teil A enthält das Thema und eine Variation. Der besondere Reiz des Themas besteht dabei in den Synkopen, Vorhalten und Einsätzen der Motive auf unbetonter Taktzeit. Der bewegte Mittelteil kontrastiert zu den ruhigen Ecksätzen und enthält zwei weitere Variationen.

Ohne Unterbrechung (attacca) folgt das frische Finale. verflogen ist der Ernst des vorangegangenen Satzes, die alte heiterkeit vom Anfang wiedergewonnen. Zu dein liedhaften 1. thema gesellt sich ein nur aus Vierteln bestehendes, dahingleitendes 2. Thema in h-moll, zuerst in Cello und Klavier. In der Durchführung wird in einem 1. und 3. Abschnitt das 2. Thema, in de Mitte das 1. verarbeitet. Mit dem kürzeren 3. Abschnitt glaubt man, die Reprise erreicht zu haben, hat jedoch nur eine Scheinreprise auf der Subdominante vor sich. Erst dann folgt die eigentliche Coda, die, wie bei Schumann häufiger, Durchführungsscharakter hat.


1982 bis 1984 schrieb Rihm drei "Fremde Szenen" für Klaviertrio, von denen die beiden ersten zunächst als Einzelwerke aufgeführt wurden, bevor der gesamte Zyklus im Jahre 1984 erstmalig erklang. Rihm gab ihm den Untertitel "Versuche über Klaviertrio, erste Folge". Die Szenen sind für ihn "Versuche über Klaviertrio, jene möbellastige Besetzung, die es nicht mehr gibt, die aber noch herumsteht. Wie in verlassenen Räumen kann hier Unerlaubtes geschehen. Wir werden Zeugen befremdlicher Szenerien." Rihm bezieht sich in Kommentaren über seine "Fremden Szenen" ausdrücklich auf nachgelassene Fragmente zu Kammermusik aus Schumanns Hand, die ihn bei der Arbeit zu diesem Werk bewegt hätten.


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